Ein wahres Märchen
Es lebte einmal eine christliche Königin, die über ein wohlhabendes Reich herrschte.
Sie erfreute sich großer Beliebtheit bei ihren Untertanen. Auch wurde sie von den
anderen Herrschern ob ihrer Milde und Wohltätigkeit geachtet. So war es kein Wunder,
dass sie, als in fernen Landen der Krieg tobte, welcher viel Leid und Not verursachte,
die davon betroffenen Menschen einlud, in ihr Land zu kommen. So ergoss sich ein nicht
endender Flüchtlingsstrom von dort in ihr Reich. Darob gerieten die von der Durchreise
der Eingeladenen belasteten, meist armen Länder in Bedrängnis, und im eigenen Land
wuchs der Unmut über so viele Fremde, die es zu versorgen galt. Auch hatte ihr Volk
Angst vor Überfremdung. Da bat die Königin die befreundeten Königreiche um Hilfe.
Jedoch die fühlten sich nicht verpflichtet zu helfen, denn sie hatten keine Einladung
ausgesprochen - und es gilt: Wer einlädt, der sorgt für seine Gäste! Da half alles
Appellieren nicht. Es ist nicht bekannt, wie lange die Geduld ihrer Untertanen andauerte
und ob die Königin schließlich nicht doch abdanken musste, denn sie hatte ihren Eid,
Schaden von ihrem Volk abzuwenden, gebrochen.
HEINZ SCHUMANN, WALDBURG
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