Wortmeldungen 2015


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Erstveröffentlichung dieses Artikels: 26/08/2015 - Quelle: Leserbriefe Systempresse

"Verdunkeln, vertuschen und aufschieben, nur die Wahrheit darf nicht rauskommen: dass der Euro ein Fehlprojekt ist"

Eigentlich müsste man jeden Abgeordneten, der dieser neuen Rettungstranche zustimmt, zur Verantwortung ziehen.

 

22. Aug 2015

Frankfurter Allgemeine Zeitung

S. 7

Wer sind die Abweichler?

Zum Artikel "Schwäbisches Himmelfahrtskommando" (FAZ, vom 17. August 2015)

Der Deutsche Bundestag hat einmal mehr beschlossen, dass unser Steuergeld nach Griechenland überwiesen wird, weil es dort so dringend benötigt wird. Dabei wird, wie Holger Steltzner (F.A.Z. vom 18. August) und viele Male zuvor ausgeführt hat, das Recht angepasst, so wie man es gerne hätte. Gerettet wird nicht Griechenland, sondern der Schein, der Schein einer Währungsunion, die das gigantischste Fehlprojekt der deutschen Wirtschaftspolitik des vergangenen. Jahrhunderts ist. Eigentlich müsste man jeden Abgeordneten, der dieser neuen Rettungstranche zustimmt, zur Verantwortung ziehen, anders als Herr Kauder das mit den Abweichlern vorhat, die man auch als Populisten diffamiert.

Dem deutschen Volke sind sie doch wohl verpflichtet und gewiss nicht dem griechischen. Deutschland ist ein Rechtsstaat; um im Rahmen des ESM Gelder zu transferieren, müssen Voraussetzungen erfüllt sein, die offensichtlich nicht erfüllt sind. Die Stabilität der Eurozone ist nicht in Gefahr, und Griechenland ist nicht kreditwürdig. Das Geld ist eine direkte Subvention und mit seiner Überweisung verloren. Das alles weiß, wer Zeitung lesen kann, schon lange, auch der Dümmste. Jeder Abgeordnete, der dem dritten Hilfspaket zugestimmt hat, verletzt seine Pflicht. Er hilft bei der Missachtung des Rechts; was als Dehnung euphemistisch umschrieben wird, bleibt Unrecht. Die nun verbreitete Annahme, Athen stimme ja nun allen Forderungen zu und sei auf einem guten Weg, ist üble und törichte Propaganda. Ein Staat, der noch gar keine funktionierenden Strukturen hat, der die Hälfte seiner Beamten entlassen müsste, um den Apparat den Anforderungen anzupassen, wird doch nicht über Nacht zum guten Staat, nur weil die Deutschen das verlangen.

Die Annahme, man könne von außen auf einen Staat so einwirken, dass er dann funktioniert, ist lebensfremd und für Griechenland schon vielfach widerlegt. Professor Sinn hat doch in der F.A.Z. vom 3. Juli 2015 deutlich und überzeugend dargelegt, dass es innerhalb des Euros für Griechenland keine vernünftige Chance gibt, sich zu sanieren. Auch der Finanzminister hat das ja wohl erkannt. Nun aber wird mit neuen 20 Milliarden deutschen Steuergeldes eine Fiktion aufrechterhalten, dass nämlich alles so weitergehen könne wie gehabt, kein Geld verloren sei. Verdunkeln, vertuschen und aufschieben nennt man das, nur die Wahrheit darf nicht rauskommen: dass der Euro ein Fehlprojekt ist.

KARL LUDWIG MAUER, SAARBRÜCKEN


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