Wer sind die Abweichler?
Zum Artikel "Schwäbisches Himmelfahrtskommando" (FAZ, vom 17. August 2015)
Der Deutsche Bundestag hat einmal mehr beschlossen, dass unser Steuergeld nach Griechenland
überwiesen wird, weil es dort so dringend benötigt wird. Dabei wird, wie Holger Steltzner
(F.A.Z. vom 18. August) und viele Male zuvor ausgeführt hat, das Recht angepasst, so wie man
es gerne hätte. Gerettet wird nicht Griechenland, sondern der Schein, der Schein einer
Währungsunion, die das gigantischste Fehlprojekt der deutschen Wirtschaftspolitik des
vergangenen. Jahrhunderts ist. Eigentlich müsste
man jeden Abgeordneten, der dieser neuen Rettungstranche zustimmt, zur Verantwortung
ziehen, anders als Herr Kauder das mit den Abweichlern vorhat, die man
auch als Populisten diffamiert.
Dem deutschen Volke sind sie doch wohl verpflichtet und gewiss nicht dem griechischen.
Deutschland ist ein Rechtsstaat; um im Rahmen des ESM Gelder zu transferieren, müssen
Voraussetzungen erfüllt sein, die offensichtlich nicht erfüllt sind. Die Stabilität
der Eurozone ist nicht in Gefahr, und Griechenland ist nicht kreditwürdig. Das Geld ist
eine direkte Subvention und mit seiner Überweisung verloren. Das alles weiß, wer
Zeitung lesen kann, schon lange, auch der Dümmste. Jeder Abgeordnete, der dem dritten
Hilfspaket zugestimmt hat, verletzt seine Pflicht. Er hilft bei der Missachtung des
Rechts; was als Dehnung euphemistisch umschrieben wird, bleibt Unrecht.
Die nun verbreitete Annahme, Athen
stimme ja nun allen Forderungen zu und sei auf einem guten Weg, ist üble und
törichte Propaganda. Ein Staat, der noch gar keine funktionierenden
Strukturen hat, der die Hälfte seiner Beamten entlassen müsste, um den Apparat
den Anforderungen anzupassen, wird doch nicht über Nacht zum guten Staat,
nur weil die Deutschen das verlangen.
Die Annahme, man könne von außen auf einen Staat so einwirken, dass er dann funktioniert, ist
lebensfremd und für Griechenland schon vielfach widerlegt. Professor Sinn hat doch in der
F.A.Z. vom 3. Juli 2015 deutlich und überzeugend dargelegt, dass es innerhalb des Euros für
Griechenland keine vernünftige Chance gibt, sich zu sanieren. Auch der Finanzminister hat
das ja wohl erkannt. Nun aber wird mit neuen 20 Milliarden deutschen Steuergeldes eine
Fiktion aufrechterhalten, dass nämlich alles so weitergehen könne wie gehabt, kein Geld
verloren sei. Verdunkeln, vertuschen und aufschieben
nennt man das, nur die Wahrheit darf nicht rauskommen: dass der Euro ein Fehlprojekt ist.
KARL LUDWIG MAUER, SAARBRÜCKEN
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