Zeitgeschichte 2003

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Das jüdische Attentat auf Adenauer

Adenauer untersagte die Aufklärung des Attentats, obwohl ein unschuldiger Polizist auf brutale Weise dem Feigen Anschlag zum Opfer fiel. Grund: Die Mörder waren Juden!

Geschichte

Der Thriller als Fußnote

Ein Buch enthüllt die Hintergründe des Bombenattentats von 1952 auf den damaligen Bundeskanzler Audenauer.

Links: Phantombild des jüdischen Mörders Josef Kronstein. Rechts: Mordopfer Karl Reichert. Der Mord an Reichert durfte weder offiziell aufgeklart, noch gesühnt werden, da die Mörder Juden waren.

Das Ziel war die zerbrechliche Republik, der Inhalt TNT und die Botschaft Hass. Am 27. März 1952 explodierte um 18.20 Uhr die an Bundeskanzler Konrad Adenauer adressierte Paketbombe im Münchner Polizeipräsidium. Tödlich getroffen brach der Sprengmeister Karl Reichert zusammen. Die Druckwelle hatte ihm die Unterarme abgerissen und ein Stoffstück durchs Auge ins Gehirn gedrückt.

Stunden zuvor hatte ein Mann mit grauem Hut, Trenchcoat, bösem Blick und einem verkrüppelten Finger an der linken Hand in der Münchner Innenstadt zwei Jungen angesprochen. Für drei Mark sollten sie das Paket auf ein Postamt bringen. Die Burschen ("Mei Mutter hat immer gsagt, sei vorsichtig mit fremde Männer") übergaben die verdächtige Post der Polizei. Sie sind die Helden in jenem Krimi, der die damals größte Verbrecherjagd seit Kriegsende auslöste und später zur Fußnote in einigen Adenauer-Biografien schrumpfte. Der "Alte" selbst verschwendete im zweiten Band seiner Erinnerungen auf Seite 134 zweieinhalb Zeilen auf den Attentatsversuch.

Ein halbes Jahrhundert später entreißt der Journalist Henning Sietz die "Zwei-Buben-Geschichte" dem Vergessen. Sein Buch ("Attentat auf Adenauer", Siedler Verlag) erscheint diese Woche. Ruhig, sachlich und mit sanfter Ironie präsentiert er seine Recherchen im Stil eines Spionageromans von Eric Ambler. In keiner Zeile behauptet er eine Sensation und erhellt Seite für Seite eine düstere, phantastische Story. Sietz fand im Münchner Staatsarchiv die Ermittlungsakte, ließ sich von einem längst pensionierten Fahnder des Landeskriminalamts die Hintergründe entschlüsseln.

Einen dringend Tatverdächtigen präsentierte die Polizei zu keinem Zeitpunkt. Wohl deshalb, weil sie es nicht sollte. Adenauer ließ sich über die Ermittlungen persönlich unterrichten - und er hätte sie notfalls auch persönlich gestoppt. Für den Anschlag hatte eine Gruppe "jüdischer Partisanen" die Verantwortung übernommen. Die unbekannte Terrortruppe wollte die Aussöhnung zwischen Israel und Deutschland verhindern. Im März hatten die beiden Staaten die Wiedergutmachungsverhandlungen im niederländischen Örtchen Wassenaar begonnen.

Im März 1953 geriet eine Gruppe osteuropäischer Juden, die in München lebte, ins Blickfeld der Fahnder. Zu ihnen gehörte der in Ostpolen aufgewachsene, Josef Kronstein. Die Ermittlungen ergaben, dass Kronstein Kontakt hatte zu führenden Mitgliedern der militanten jüdischen Organisation Irgun Zwai Leumi. Die Untergrundtruppe verfolgte radikal-zionistische Ziele, verübte Anschläge gegen Großbritannien, die Mandatsmacht in Palästina, agierte ab 1943 unter dem Kommando des späteren israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin und wurde 1948 aufgelöst.

Die alten Irgun-Kämpfer jedoch verfolgten weiter ihre alten Ziele. Sie sabotierten die Versöhnungsbemühungen des damaligen Staatschefs David Ben Gurion. ...

An einem "Fahndungserfolg" konnte der Kanzler kein Interesse haben. Und so verschwand der Fall - per Nachrichtensperre - - aus den Schlagzeilen, die Akte im Archiv und Josef Kronstein wohl nach Israel. Er war mit großer Wahrscheinlichkeit der Mann mit dem grauen Hut und dem bösen Blick.

Focus - 28/2003, Seite 46

"'Angenommen, die Deutschen bezahlen für sechs Millionen, wo bekommen wir dann weitere sechs Millionen her, um mehr Geld rauszuholen?,' fragte Yohanan Bader seine Kollegen vor dem Hintergrund der Wiedergutmachtungs-Verhandlungen im März 1952 mit der Regierung Adenauer. ... Haim Landau rief in Jiddisch Schmuel Dayan (Mapai) zu: 'A glick hot unz getrofen  - sechs Millionen Juden wurden ermordet und wir bekommen Geld dafür'."

Tom Segev, The Seventh Million, Hill and Wang,
New York 1994, Seite 222/223

Am 20. März 1952 begannen die Wiedergutmachungsverhandlungen zwischen Israel und Deutschland. Das Abkommen wurde am 10. September (Bild) unterschrieben.