Wer soll Palmyra verteidigen?
Mehrmals behandelten Sie im redaktionellen Teil und in den Leserbriefspalten
den barbarischen Zerstörungswillen des "Islamischen Staates", der sich schon
große Teile Syriens und des Iraks unterworfen hat und leider wohl auch auf
Dauer existieren wird. Im Zusammenhang damit wurde mehrfach die Forderung
erhoben, zum Schutz der historischen Kulturgüter mit militärischer Gewalt
einzugreifen - zuletzt beispielsweise im Brief von Herrmann und Wolfgang Jungraithmayr mit der Überschrift
"Ohnmächtig oder ohne Willen?" (F.A.Z. vom 1. September).
Die Verfasser meinen, es sei höchste Zeit, eine Schutztruppe in das betreffende
Gebiet zu entsenden - sind sich aber offenbar nicht bewusst, dass diese Truppe
das Areal, bevor sie es schützen kann, erst einmal in einem blutigen Krieg erobern müsste.
Man sollte jedem, der einen solchen Einsatz vorschlägt, sofort die Frage stellen:
"Wären Sie denn bereit, persönlich für die Erhaltung alter Tempelruinen in
den Krieg zu ziehen, Ihr eigenes Leben aufs Spiel zu setzen und Ihrer Familie
das zuzumuten? Wären Sie, hätten wir noch die Wehrpflicht, bereit, Ihren gerade
in der Bundeswehr dienenden Sohn in einem solchen Krieg als einen der
unvermeidlich vielen Gefallenen oder Verstümmelten zu opfern?"
Es war immer schon leichter, fremder Leute Söhne in die Schlacht zu schicken. Wir
sollten uns immer wieder daran erinnern: Es gibt nur einen einzigen legitimen Grund,
unserer Soldaten Leben und Gesundheit einzusetzen - nämlich die Verteidigung des
eigenen Vaterlandes gegen Aggressoren von außen.
Als heute im 85. Lebensjahr stehender Greis, der als Gymnasiast in Lübeck lebte,
als die historische Altstadt, gewiss ein Weltkulturerbe, von den Barbaren der Royal
Air Force vernichtet wurde, also genau von den Leuten, die sich als Hüter der westlichen
Werte aufspielten, frage ich mich natürlich, mit welchem Recht wir uns über die
Zerstörungswut des IS aufregen. Zumal man damals in Lübeck nicht nur die Kulturgüter
zerstörte, sondern auch gleich einige tausend Zivilisten, die meisten Frauen und Kinder,
mit ums Leben brachte.
PETER SCHWEIZER, BERLIN
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